Tagesspiegel vom 10.04.2005
Die Kraft des Lichts
Yoga-Walking: Im Fläming wird eine neue Variante der alten Lehre gezeigt
Von Claus-Dieter Steyer
Sie schließen die Augen, strecken die Arme zur Seite und holen – tief atmend – mit den Fingerspitzen goldenes Licht in ihren Körper. Danach saugen sie sogar mit den Zehenspitzen das Licht ein. Dazu fordert jedenfalls die Yoga-Lehrerin. Die Übung wirkt, die Teilnehmer entspannen sich im Nu. Das fällt, so erzählen sie danach, in dieser besonderen Umgebung nicht schwer. Denn der Yoga-Kurs findet mitten in der schönsten Natur statt. Die Sonne hüpft durch die Baumwipfel, in der Nähe sprudelt eine Quelle, nur Vogelstimmen durchdringen die Stille.
Im dichten Buchenwald zwischen Wiesenburg und Schlamau im Hohen Fläming hat sich die Gruppe zur Übungseinheit niedergelassen. Fünf Kilometer hat sie schon in den Beinen. Fast drei Stunden wird sie noch wandern. Yoga-Walking beansprucht Zeit und viele Muskeln.
Angela Hamann führt Yoga-Interessenten ganz behutsam an diese „Kundalini“ genannte Richtung heran. „Es ist eine Mischung aus Spaziergang, bewusster Atmung, Meditation und Übungen“, sagt die ausgebildete Yoga-Lehrerin. Diese spezielle Form der alten indischen Heilkunst stammt aus den USA. Bei einem Amerikaner lernte auch Angela Hamann die Methoden, um Menschen auf sanfte Art zu einem guten Gefühl zu verhelfen.
Die Yogalehrerin findet den richtigen Ton, erklärt den Zusammenhang zwischen Körper und Geist und führt ihre Schützlinge – Anfänger und schon erfahrene „Yogis“ sind darunter – fast spielerisch an das besondere Yoga heran. Während des Gehens werden beispielsweise nacheinander Ringe mittels Daumen und jeweils einem der vier übrigen Finger geschlossen. Diese so genannten Mudras stehen für Wissen, Weisheit, Intelligenz und Geduld, Lebenskraft und Vitalität sowie die Fähigkeit zur Kommunikation.
Irgendwann soll die Gruppe dann die Silbenkombination „Sa-Ta-Ma-Na“ summen. Das ist leichter gesagt als getan. Dann aber konzentrieren sich alle Gedanken auf die richtige Reihenfolge der Buchstabenkombinationen und der Finger-Ringe – und das Gehirn macht Pause. Besser kann man kaum abschalten. Die Wirkung zeigt sich besonders dann, wenn nach fünf Minuten die Aufforderung zum „normalen Gehen“ erfolgt. Man war ja fast in Trance.
Zum Erfolg der Idee vom Yoga-Walking trägt zweifellos die schöne Umgebung der Tour bei. Die erste Rast wird beispielsweise im reizvollen Park des Schlosses Wiesenburg eingelegt. Er hat in den vergangenen Jahren seine ursprüngliche Schönheit zurückerhalten und steht den Besuchern jederzeit offen, während sich das Schloss mit seinem 48 Meter hohen Turm in privater Hand befindet. Doch Besucher dürfen die Aussichtsterrasse erklimmen, von der sich auch ein herrlicher Blick auf die kleine Stadt und die beachtlichen Höhenzüge des Flämings bietet.
Angela Hamann gehört zu insgesamt 19 Natur- und Kulturführern im Naturpark Hoher Fläming, der sich südwestlich Berlins zwischen Belzig, Görzke, Wiesenburg und Raben befindet. Die Frauen und Männer haben ganz unterschiedliche Themen und Touren zusammengestellt, um Ausflüglern die Schönheiten ihrer Heimat zu zeigen und nebenbei noch Wissen zu vermitteln. Da gibt es beispielsweise Wanderungen zu Burgen und Bockwindmühlen, eine Tour durch Keramik- und Töpferwerkstätten in Görzke, Abstecher zum Pferdeflüsterer, zu Feldsteinkirchen, zur Falknerei oder auf die Burg Rabenstein.
Die Naturparkverwaltung und der Bundesverband der Gästeführer bürgen gleichermaßen für die Qualität der Angebote. Sie haben die Wanderleiter vorher eingehend geprüft.Einige Natur- und Wanderführer veranstalten ihre Touren an schon für die ganze Saison im Voraus festgelegten Tagen. Andere veröffentlichen ihre Termine auf der Internetseite des Naturparks. Auf alle trifft aber das Angebot zu, einen Ausflug kurzfristig individuell zu vereinbaren. So wie das Yoga-Walking finden auch die anderen Veranstaltungen in einer von Touristen noch nicht überlaufenen Umgebung statt.